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Tischknigge PDF (155 KB)

Tischknigge

Wir kennen sie sicher alle aus unserer Kindheit: Die Ermahnungen unserer Eltern, vor dem Essen die Hände zu waschen, gerade zu sitzen, die Füße stillzuhalten, die Ellenbogen vom Tisch zu nehmen usw. Als Kinder fanden wir das natürlich alles doof, doch für uns als Erwachsene sind diese Dinge selbstverständlich. Haben Sie schon mal erlebt, dass sich im Restaurant der Nachwuchs am Nachbartisch einen Spaß daraus macht, das Besteck einzeln unter den Tisch fallen zu lassen, weil das Personal sofort Ersatz bringt? Oder dass jemand hinter Ihnen laut schlürfend Suppe löffelt, mit vollem Mund die abenteuerlichsten Storys erzählt und auch noch nach dem "Herr Ober" verlangt?
Tischsitten sind nichts anderes als Spielregeln, die uns dabei helfen, unseren Mitmenschen nicht auf die Nerven zu gehen und das Zusammensein mit ihnen möglichst angenehm und fettnäpfchenfrei zu gestalten. Beachten Sie unsere Tipps und werden Sie ein gern gesehener Gast! Wir wünschen Ihnen viel Spaß beim Ausprobieren.

Wann gehts los?
Beim Essen im Familien- oder Freundeskreis wird begonnen, wenn jeder sein Essen vor sich hat. Ob ein Tischgebet gesprochen wird, hängt von der Situation und den anwesenden Personen ab. Natürlich darf man sich gegenseitig einen Guten Appetit wünschen.
Handelt es sich um eine formelle Veranstaltung im großen Rahmen, eröffnet die Gastgeberin bzw. Hausherrin das Essen, indem sie ihre Serviette aufnimmt. Häufig richtet der Gastgeber vorher noch ein paar kurze Worte an die Gäste, möglicherweise verbunden mit einem Trinkspruch. Bei den folgenden Gängen darf man dann loslegen, wenn den Tischnachbarn rechts und links ebenfalls serviert wurde. Es reicht, vor dem ersten Gang seinen Tischnachbarn in dezenter Lautstärke Guten Appetit zu wünschen.
Übrigens: Das vor allem in Kantinen noch so beliebte "Mahlzeit" ist inzwischen total out. Dieser Gruß ist weniger ein Zeichen guten Benehmens sondern eher eines gewissen Herdentriebs. Außerdem weiß doch jeder, dass es Zeit fürs Mahl ist. Probieren Sie es stattdessen einfach mal mit einem freundlichen "Hallo".

Das Werkzeug
Gabel links. Messer rechts, die Schneide zeigt zum Teller. Der Dessertlöffel liegt oben quer, der Suppenlöffel rechts vom Teller. So weit so gut. Doch was ist mit der ganzen Armada von Besteck, die Ihnen bei einem hochoffiziellen und mehrgängigen Menü herausfordernd entgegenblitzt? Ganz einfach: Benutzen Sie immer das ganz außen Liegende. Nach dem Gang wird das Besteck mit dem Teller abgeräumt. Werden Speisen auf einem Teller mit Besteck serviert, benutzen Sie einfach das.
Absolut unästhetisch ist es, wenn Beilagen und Soßen zu Brei vermanscht werden oder mit dem Besteck in der Luft herumgefuchtelt wird. Das Besteck agiert auf dem Teller und unmittelbar darüber, Gabel und Löffel nehmen immer den direkten Weg zum Mund. Dass Messer und Teller nicht abgeleckt werden, ist auch selbstverständlich.
Möchten Sie einen Schluck trinken, wird das Besteck gekreuzt auf dem Teller abgelegt, und zwar so, dass die Messerschneide auf den Gabelzinken ruht. Würden Sie das Besteck rechts und links auf den Tellerrand legen, könnte es leicht abrutschen und das Tischtuch beschmutzen. Befinden sich Messerbänkchen neben dem Teller, wird Besteck dort abgelegt und beim nächsten Gang noch einmal benutzt.
In der Bestecksprache heißt gekreuztes Besteck immer: Ich bin noch nicht fertig. Liegen Messer und Gabel parallel nebeneinander, signalisieren Sie, dass Sie nichts mehr essen möchten. Für gewöhnlich wird das zusammengelegte Besteck von rechts unten nach links oben abgelegt. Pedanten signalisieren damit, dass das Essen nicht in Ordnung war. War es gut, legen sie das Besteck von links unten nach rechts oben. Aber warum so kompliziert und missverständlich? Ist etwas nicht in Ordnung, geben Sie dem Personal ein kleines Zeichen. Tragen Sie Ihre Reklamation diskret und sachlich vor. In jedem guten Restaurant wird man sich sofort um Ihr Anliegen kümmern und sich um Ihre Zufriedenheit bemühen.

Gläser
Keine Angst vor der beeindruckenden Gläserparade auf einer festlichen Tafel. Das Personal schenkt das zum Essen passende Getränk in das richtige Glas ein.
Langstielige Gläser werden immer am Stiel angefasst. Dadurch behalten die Getränke nicht nur ihre optimale Temperatur. Beim Anstoßen klingen die Gläser auch viel schöner. Und Fingerabdrücke an edlen Gläsern sehen einfach unappetitlich aus. Nur Dilettanten fassen ihr Glas am Kelch an.
Übrigens: Die kritische Prüfung des Glases im Gegenlicht, ob es sorgfältig poliert wurde, ist sowohl im privaten Rahmen als auch im Restaurant extrem unhöflich und absolut tabu!

Prost!
Zum Anstoßen bleiben Sie Sitzen. Der Gastgeber erhebt als erster sein Glas und richtet ein paar Worte an seine Gäste. Als Trinkspruch für offizielle Anlässe immer geeignet sind "Zum Wohl" oder "Auf Ihr Wohl". Trinken Sie niemals auf Ihr eigenes Wohl! Im Freundes- oder Familienkreis darf der Trinkspruch natürlich sehr persönlich sein.
Wenn Sie anstoßen, sollten die Gläser einander immer nur leicht berühren und leise erklingen. Zwar bringen Scherben Glück, aber zertrümmertes Glas und Getränkepfützen auf der Tafel sind ärgerlich und verderben eine festliche Atmosphäre. Bei einer offiziellen Veranstaltung erheben die Gäste ihr Glas, lächeln freundlich in die Runde und trinken dann einen Schluck. Wer keinen Alkohol trinkt, darf auch mit Wasser oder einem Softdrink anstoßen.

Getränke
Als Aperitifs eignen sich leichte oder bittere alkoholische Getränke, z.B. Sherry, Portwein oder Bier. Sie werden nur vor, aber nicht mehr während des Essens getrunken. Welchen Wein Sie zur Speise wählen, bleibt inzwischen Ihrem persönlichen Geschmack überlassen. Wenn Sie sich nicht sicher sind, welcher Wein passt, lassen Sie sich vom Sommelier beraten. Kaufen Sie Weine für Ihre privaten Gäste am besten immer beim guten Weinhändler. Auch hier werden Sie beraten und können vor dem Kauf probieren. Als Abschluss eines Essens können Kaffee oder Espresso getrunken werden. Cappuccino passt nicht, weil er durch die aufgeschäumte Milch noch zusätzlich sättigt.

Servietten-Knigge
Auch wenn bei uns die Serviette eine dekorative Hauptrolle auf einer gedeckten Tafel spielt, ist sie doch viel mehr als nur Zierde. Die Serviette will benutzt werden! Deshalb gilt immer: Die Serviette wird nicht aufgehoben und als Souvenir mit nach Hause genommen, sondern während des Essens verwendet.
Bei einem gesetzten Essen nehmen Sie Ihre Serviette, wenn die Gastgeberin ihre aufnimmt. Bestellen Sie im Restaurant a la carte, dürfen Sie die Serviette schon vor dem Studium der Karte aufnehmen. Möchten Sie das Kunstwerk noch etwas bewundern, stellen Sie die Serviette ein wenig an die Seite, damit sie nicht mit der Speisekarte kollidiert. Spätestens wenn serviert wird, nehmen Sie die Serviette, falten oder schütteln sie auseinander und legen sie sich ausgebreitet auf den Schoß. So ist Ihre Kleidung vor "Unfällen" geschützt.
Möchten Sie zwischendurch einen Schluck trinken oder haben Sie den Gang beendet, schlagen Sie die Serviette einmal über, nehmen sie dann mit der offenen Kante nach oben und tupfen sich den Mund ab. Auf diese Weise vermeiden Sie, dass Krümel doch auf Ihre Kleidung fallen. Außerdem verhindern Sie so unästhetische Fettränder oder Lippenstiftspuren an den Gläsern. Speziell Bartträger sollten die Serviette als guten Freund betrachten, mit dem sich manch peinliche Situation vermeiden lässt.
Wenn Sie während des Essens Ihren Platz verlassen, legen Sie Ihre Serviette locker so zusammen, dass niemand auf die benutzten Stellen blickt. Legen Sie die Serviette dann links neben Ihrem Teller ab. Genau so verfahren Sie, wenn Sie das Essen beendet haben. Niemals werden Servietten, nicht mal die aus Zelltuch, auf den Teller gelegt!
Sollte Ihnen Ihre Serviette entwischt sein und nun unter dem Tisch liegen, starten Sie bitte keine aufwändige Suchaktion. Bitten Sie das Personal (dezent!) um Ersatz.

Oh Schreck, ein Malheur!
Haben Sie versehentlich ein Glas umgestoßen, machen Sie kein Drama daraus. Geben Sie dem Personal ein kurzes Zeichen, damit Sie "trockengelegt" werden können. Bitte fangen Sie nicht an, Tische abzuräumen! Hat ein anderer Gast etwas abbekommen, entschuldigen Sie sich bei ihm und bieten Sie Ihre Hilfe an. Aber nicht einfach drauf los tupfen und wischen. In schweren Fällen bieten Sie an, die Reinigung der Kleidung zu übernehmen.
Kleine Soßenspritzer auf der Tischdecke ignorieren Sie am besten. Je mehr Wirbel Sie darum machen, desto mehr fallen sie auch anderen auf. Auch runter gefallenes Besteck bleibt liegen. Das Personal wird Ihnen sauberen Ersatz bringen.
Ist jemand anderem am Tisch ein Malheur passiert oder hat sich jemand daneben benommen, reagieren Sie am besten, indem Sie gar nicht reagieren. Ignorieren Sie das Missgeschick und genießen Sie weiterhin. Sonst ist die Stimmung schnell dahin.

Die hohe Kunst der Esskultur
Bei einer offiziellen Veranstaltung mit Sitzordnung führt "Mann" seine Tischdame an den Platz. Wo der ist, erkennt man an den Platzkarten. Der Herr rückt seiner Dame den Stuhl zurecht, bevor er sich selbst setzt. Steht sie auf, erhebt sich auch ihr Tischherr.
Steht neben dem eigentlichen Gedeck noch ein kleinerer Teller mit einem kleinen Messer, handelt es sich um den Brotteller mit dazu gehörigem Messer. Die Butter steht für mehrere Gäste in der Mitte des Tischs. Legen Sie sich etwas Butter auf Ihren Teller. Vom Brot ein kleines Stück abbrechen, dann mit wenig Butter bestreichen und mit der Hand in den Mund befördern. So einfach ist das!
Sie kommen zum ersten Mal in Ihrem Leben in den Genuss (oder in die Verlegenheit) von Schnecken, Austern & Co. Und haben keine Ahnung, wie Sie mit dem dazu servierten Werkzeug umgehen sollen? Sie haben zwei Möglichkeiten. Die erste wäre, unauffällig Ihrem Tischnachbarn auf die Finger zu schauen. Kann schief gehen, wenn es auch für ihn das "erste Mal" ist. Die zweite und effektivere Methode: Bitten Sie charmant das Personal, Ihnen aus der Verlegenheit zu helfen und Ihnen kurz den richtigen Umgang mit dem Spezialbesteck zu zeigen. Jede Wette, dass auch andere Gäste sehr genau hinschauen werden....!
Werden zu einem Gang Fingerschalen gebracht, dürfen Sie mit den Fingern essen. Dies ist z. B. bei Hummer und manchmal bei Spargel der Fall. Die Fingerschalen enthalten warmes Wasser und ein Stück Zitrone, außerdem bekommen Sie zum Abtrocknen eine extra Serviette. Bitte reinigen Sie unbedingt Ihre Finger, bevor Sie zum Glas oder zum Besteck greifen!

Danach
Rauchen ist wenn überhaupt erst nach dem Essen gestattet. Fragen Sie, ob sich die anderen Gäste durch Ihr Rauchen gestört fühlen und respektieren Sie die Antwort. Ziehen Sie sich im Zweifel lieber an einen Ort zurück, an dem Sie ungestört Ihrem Laster nachgeben können.
Im Familien- oder Freundeskreis ist Ihnen sicher niemand böse, wenn Sie beim Aufräumen mit anfassen. Den Tisch abzuräumen, den Geschirrspüler einzuräumen oder vielleicht auch Geschirr abzutrocknen sind nette Arten, sich für ein leckeres Essen und ein angenehmes Beisammensein beim Gastgeber zu bedanken. Überlassen Sie aber unbedingt dem Küchenchef die Direktive!
Absolut tabu ist es dagegen im Restaurant, Teller zu stapeln oder Besteck einzusammeln. Hier ist es Aufgabe des Personals, den Tisch abzuräumen. Lediglich wenn Sie darum gebeten werden, reichen Sie das Gewünschte an. Für eine offizielle Einladung und das gelungene Essen bedanken Sie sich am nächsten Tag mit einer Karte, im Freundeskreis darf es auch ein Anruf sein. Je nach Anlass können auch Blumen ein angemessener Dank sein.

Und sonst noch
Höflichkeit ist keine Krankheit. "Bitte" und "Danke" tun nicht weh. Jemandem die Tür aufzuhalten erniedrigt ebenso wenig wie jemandem aus oder in den Mantel zu helfen. Auch dem Personal gegenüber ist Höflichkeit selbstverständlich. Bedanken Sie sich beim Servieren, Einschenken und Abräumen. Wenn Personal an den Tisch tritt, unterbrechen Sie Ihr Gespräch.
Handys werden vor dem Essen ausgeschaltet. Sind Sie so wichtig, dass Sie auch während des Essens unbedingt erreichbar sein müssen, schalten Sie den Alarm Ihres Handys auf Summer. Platzieren Sie das Telefon in Ihrem Jackett. Auf dem Tisch könnte es beschmutzt oder beschädigt werden. Außerdem könnten Ihre Mitmenschen Sie für überheblich halten.
Haben Sie bei einem gesetzten Essen im großen Rahmen Extrawünsche, so tragen Sie sie unauffällig vor, evtl. sogar abseits der anderen Gäste.
Trinkgelder geben Sie immer bar, auch wenn Sie mit Karte bezahlen. Begleichen Sie die Rechnung abseits Ihres Tisches, können Sie das Trinkgeld für das Personal entweder an der Kasse hinterlassen oder auf den Tisch legen.
Lippenstift nachziehen und Nase pudern werden im "powder room" erledigt. Möchten Sie Ihre Hände eincremen, lässt sich das vielleicht gerade noch unauffällig unter dem Tisch bewerkstelligen (hängt von der Größe der Tischdecke ab). Sonstige Pflege- und Reinigungsarbeiten haben strikt zu unterbleiben!